In Würzburg gab es einen großen Grund zu feiern – die Wohngruppe Würzburg feierte Ende 2023 ihr fünfjähriges Bestehen. Bereits seit über 20 Jahren gibt es die Mobile Jugendbetreuung in Würzburg am Friedrich-Ebert-Ring, die sich zu einer festen Größe in der Würzburger Jugendhilfelandschaft etabliert hat. Neben dem Erfolgsmodell der ambulanten Hilfe startete man 2015 mit einer vollstationären Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Ausländer, um der Nachfrage nach Plätzen gerecht zu werden.
Nachdem der Bedarf an stationären Plätzen für UmA stark zurückging und alle Jugendlichen versorgt waren, wollte man die Ressourcen aus der UMA-Wohngruppe nutzen und die Bereichsleiter Thomas Möginger und Monika Bach entschlossen, eine vollstationäre Wohngruppe in Würzburg zu eröffnen. Um den Wünschen der Jugendämter des Landkreises und der Stadt Würzburg nachzukommen, wurden auch zwei Inobhutnahme-Plätze in die Konzeption mit aufgenommen. Schnell war eine Immobilie in der Würzburger Innenstadt gefunden, die vom Vermieter nach den Bedürfnissen einer Wohngruppe saniert wurde. Nach einer langen Umbauphase konnte die Gruppe im September 2018 endlich eröffnet werden. Aufgenommen werden Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren. Ein Team aus sieben pädagogischen Mitarbeitenden ist rund um die Uhr im Schichtdienst für die Jugendlichen da. Die Gruppe ist sehr gut ausgelastet und freie Plätze werden schnell wiederbelegt. Das Einzugsgebiet erstreckt sich über Unterfranken und den Main-Tauber-Kreis. In der Wohngruppe sind drei Angebote vereint. Neben der vollstationären Wohngruppe mit acht heilpädagogischen Plätzen gibt es zwei Inobhutnahmeplätze und drei Verselbstständigungsplätze im Dachgeschoss des Hauses.
In der Regelwohngruppe leben die Jugendlichen dauerhaft. Je nach Hilfeplanziel werden die jungen Menschen wieder nach Hause rückgeführt oder verbleiben in der Gruppe bis zur Verselbstständigung. „Eine Beheimatung in der Gruppe ist jedoch nicht oberstes Ziel“, betonte der Gruppenleiter Harald Vogl. Ziel sei es, die Hilfe so zu gestalten, dass vorrangig eine Rückführung nach Hause möglich ist. Bleiben die Jugendlichen dauerhaft in der Gruppe, können sie je nach Alter und Reifegrad in den Verselbstständigungsbereich ins Dachgeschoss wechseln. Dort leben sie eigenständiger als in der Wohngruppe und werden von den pädagogischen Fachkräften auf dem Weg zum selbstverantwortlichen Leben begleitet.
Im Gegensatz zu den Wohngruppenplätzen stellt die Inobhutnahme ein kurzfristiges Angebot dar. Die Verweildauer ist unterschiedlich. Es reicht von einer Nacht bis zu drei Monaten. Durchschnittlich bleiben die Jugendlichen ungefähr einen Monat. Ein Teil geht wieder zurück in die Herkunftsfamilie. Bei manchen ist eine Clearingphase notwendig, um abzuklären, wie es nach der Inobhutnahme weitergehen kann und wie hoch der Bedarf der Jugendlichen ist. Einige Jugendliche wechseln in vollstationäre Wohngruppen der Jugendhilfe. Seit Corona lässt sich laut dem Gruppenleiter ein Trend erkennen, dass vermehrt Jugendliche mit psychischen Problemen, wie Depressionen und Angsterkrankungen aufgenommen werden. Dies spiegelt sich auch in zahlreichen veröffentlichten Statistiken wider.
Die pädagogischen Mitarbeitenden sind in den Wohngruppen sehr eng im Kontakt mit den betreuten Jugendlichen und begleiten ihren Alltag. In den Aufgaben ist man sehr frei und kann vieles selbst gestalten. Neben vieler anstrengenden Momente ist die Arbeit sehr bereichernd. Es gibt viele neue tolle Erlebnisse. So bauten die Gruppenbewohner:innen im vergangenen Jahr gemeinsam mit einem Schreiner zwei Esstische, was sehr gut ankam und ein tolles Miteinander schuf. Für den Pädagogen Vogl ist es auch immer wieder schön zu sehen, wenn Erfolgsgeschichten geschrieben werden – sei es die abgeschlossene Ausbildung eines Jugendlichen oder ein gelungener Start in ein selbstständiges Leben. Mit vielen ehemaligen Bewohner:innnen halte man auch jahrelang Kontakt und sieht die positive Entwicklung. „Es ist immer wieder schön zu sehen, dass man einen großen Beitrag dazu geleistet hat, dass ein Leben gelingt".