Kürzlich feierte die Wohngruppe Bad Mergentheim der Jugendhilfe Creglingen e. V. ihr 30-jähriges Jubiläum. Zahlreiche Ehrengäste, aktuelle und ehemalige Mitarbeitende, jetzige und frühere Bewohner:innen und weitere Gäste waren der Einladung zum Gartenfest an der Wohngruppe Bad Mergentheim gefolgt.
Gruppenleiterin Vivienne Stahl begrüßte die Gäste und moderierte durch den Nachmittag. Derzeit leben acht junge Menschen im Alter von 17 bis 20 Jahren in der Gruppe. Für Werner Fritz, Geschäftsführer der Einrichtung, ist die Gruppe „die Wohngruppe der Superlative“. Sie war die erste Wohngruppe außerhalb des Stammsitzes, eine sogenannte Außenwohngruppe. Da die beiden Gruppen in Frauental aufgelöst wurden und in Creglingen beheimatet wurden, ist die Wohngruppe Bad Mergentheim die älteste Gruppe der Einrichtung und man war zuerst in Bad Mergentheim bevor die Jugendhilfe Creglingen in den Kernort Creglingen zog. Lange Zeit war sie auch die einzige Wohngruppe in Bad Mergentheim bis 2022 die Wohngruppe in der Mörikestraße eröffnet wurde. Die Bewohner sind im Vergleich zu den anderen Gruppen älter.
In einem Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden Helmut Wörrlein und zwei ehemaligen Gruppenleitern berichtete Wörrlein, dass Anfang der 1990er Jahre immer mehr Jugendliche aus den damaligen Wohngruppen in Frauental einen erhöhten Bedarf an weiterführenden Schulen in Bad Mergentheim hatten und die Fahrwege und -zeiten sich als schwierig darstellen. So gab es Überlegungen, näher an den Schulen zu sein und eine Außenwohngruppe in Bad Mergentheim zu eröffnen. Das Haus wurde gekauft und vom Hausmeister bezugsfertig renoviert. Der erste Gruppenleiter Bernd Noack, der ab 1994 für mehre Jahre der Gruppe vorstand, berichtete, dass die Stellenbeschreibung damals beinhaltete, in der Wohngruppe zu wohnen. Wurden die Plätze anfangs durch die Jugendlichen aus Frauental belegt, kamen die Nachfragen schnell auch von den Jugendämtern. Dem Nachfolger von Noack Ralf Reusch war die zentrale Lage der Gruppe sehr wichtig. So wurde auch die Kooperation „Netzwerk Schule-Jugendhilfe“ gegründet.
Martin Frankenstein, Leiter des Jugendamtes des Landratsamtes Main-Tauber-Kreis überbrachte die Grußworte von Sozialdezernentin Elisabeth Krug und allen Mitarbeitenden des Jugendamtes. Für Frankenstein war die Eröffnung der Wohngruppe in Bad Mergentheim 1994 ein Meilenstein in der Kinder- und Jugendhilfestruktur des Main-Tauber-Kreises. Dezentrale Wohngruppen kannte man damals kaum. Die Jugendhilfe Creglingen hat mit dem aus seiner Sicht richtigen und sinnvollen Schritt bewiesen, dass es anders geht als das klassische „Heim“: mit Wohngruppen mitten im Ort, „mit ganz normaler Nachbarschaft“, eingebunden in das Gemeinwesen. Der Versuch hat sich bewährt und die Eröffnung weiterer Gruppen im Landkreis spricht für sich. Martin Frankenstein bemerkte, dass der Unterstützungsbedarf für Kinder und Jugendliche stetig ansteige, was an den Fallzahlen ablesbar ist. „Die Familien sind mehr denn je gefordert – besonders jetzt nach Corona“. Das Jugendamt hat alle Hilfen im Fokus und er lobte die qualitativen Angebote der Jugendhilfe Creglingen in Bad Mergentheim und bescheinigte der Einrichtung ein verlässlicher und verantwortungsvoller Kooperationspartner zu sein.
Bürgermeisterstellvertreter Andreas Lehr grüßte die Anwesenden im Namen der Stadt Bad Mergentheim und dankte der Jugendhilfe Creglingen für ihr hohes Engagement in Bad Mergentheim mit den Wohngruppen, der Schulsozialarbeit und dem Jugendhaus Marabu. Auch er hob die gute Kooperation an vielen Stellen, an denen man zusammenarbeite, hervor. Die Jugendhilfe Creglingen habe im Altkreis Bad Mergentheim große Pionierarbeit geleistet, was aus seiner Sicht keine Selbstverständlichkeit für einen Verein ist. Er ist sich sicher „jeder ist für den anderen da und jeder kann auch im Kleinen was bewegen“. Die Stadtverwaltung sicherte zu, dass die Jugendhilfe Creglingen den Garten an der Wohngruppe, der von der Stadt Bad Mergentheim gepachtet ist, für weitere 30 Jahre nutzen darf, was großen Jubel unter den Gästen hervorrief, da der Garten wichtiger Bestandteil des Gruppenlebens ist.
Zum Abschluss des offiziellen Teiles standen die Mitarbeitenden der Gruppen und die aktuellen und früheren Bewohner:innen im Mittelpunkt Die Bereichsleiterin der stationären Hilfen Süd Anita Lurz stellte das jetzige Team der Wohngruppe vor. Die jungen Menschen werden von ihnen so unterstützt, dass sie selbstständig leben können: „professionell selbst werden“. Auch in schwierigen Phasen beweise das Team Ausdauer „wir halten auch was aus.“ Eine ehemalige Bewohnerin gab den Jugendlichen den Tipp „nutzt die Zeit und lernt aus den Erfahrungen“.
In den vergangenen 30 Jahre hat sich in der Betreuung der Jugendlichen viel geändert. War früher das Büro der Mitarbeitenden die Schaltstelle mit lediglich zwei Telefonen in der Gruppe, hat heute jeder Jugendliche sein eigenes Handy. In der Vergangenheit fanden auch mehr Aktionen mit den Bewohner:innen statt, z. B. lange Fernsehnächte, was in Zeiten von Streamingdiensten nicht mehr zeitgemäß scheint. Eine positive Entwicklung über die Jahre ist, dass jetzt mehr Mitbeteiligung und Mitbestimmung der Jugendlichen möglich ist.